In der österreichischen Tageszeitung „Die Presse“ vom Samstag/Sonntag, 13./14. Dezember 2014, findet sich im Teil „Bildung“ ein Artikel über Führung, mit dem Titel „Neue Unternehmensgeister“ und dem Untertitel „Innovatives Führen.“

Nun könnte man sich naiv denken, dass es endlich was Neues in Sachen Führung, eben „innovatives Führen“ gibt. Aber so naiv kann man wohl nicht sein, dass man an sowas glaubt. Dennoch habe ich mit Interesse den Artikel gelesen und genauer angesehen. Immerhin gibt es dazu auch eine Grafik „Trends in der Führungskräfteentwicklung“.

Die Autorin Daniela Mathis bezieht sich auf den „Hernstein-Management-Report“, in dem es angeblich um die „Kunst der Mitarbeiterführung geht“. Immer steht bereits im Anreißer die wichtige Frage: Wie halten es Österreichs Manager damit? Die Praxis ist immerhin das Maß für jede Theorie!

Das Hernstein-Institut hat immer 1300 Führungskräfte (je zur Hälfte aus Österreich und Deutschland) befragt, das ist an sich schon lobenswert, aber bereits vorab sei gesagt, man kann auch die falschen Fragen richtig beantwortet bekommen.

Sprachverwirrung

Beim Lesen bzw. Durcharbeiten ist mir bald der Begriff „Sprachverwirrung“ im Kopf herumgeschwirrt. Was sind die angeblichen Trends in der Führungskräfteentwicklung, die da abgefragt wurden?

  • Transformationale Führung: Betonung von Sinn und inspirierenden Zielen.
  • Neuro-Leadership: das Übertragen von Erkenntnissen der Neurowissenschaften auf bekannte Managementtheorien.
  • Virtuelle Führung: Führung von räumlich getrennten Teams, überwiegend mittels medial vermittelter Kommunikation.
  • Charismatische Führung: strebt Identifikation der Mitarbeiter mit der Führungsperson an.
  • Partizipativ-situative Führung: Schaffung von Gestaltungsmöglichkeiten für Mitarbeiter.
  • Gamification: Einbau spieltypischer Elemente und Prozesse (Ranglisten, Auszeichnungen)
  • Gesundes Führen: Betonung der Einflussmöglichkeiten von Führung auf Gesundheit.
  • Blue Ocean Leadership: die Anwendung des Blue-Ocean-Strategy-Gedankens auf Führung.

Abgesehen davon, dass ich die genannten Begriffsdefinitionen so nicht unterschreiben würde, ist es ein bunter Strauß aus teilweise wohl beliebigen Begriffen, die aber nicht zusammen passen.

Führungskräfte denken und sehen noch klar

Immerhin führt die Studie zu Tage, dass die Führungskräfte doch noch etwas klarer denken können, als man ihnen durch solche Studien suggerieren möchte. Etwa beim Begriff „Blue Ocean Leadership“, was immer das in der Führungspraxis sein sollte, sagen 54 Prozent der Befragten „Kenne ich nicht“, 32 Prozent „Kenne ich, hat aber wenig Relevanz“ und nur 14 Prozent „kenne ich und hat für mich Relevanz“.

Dafür ist es bei eher klassischen Ansätzen wie „Partizipativ-situative Führung“ genau umgekehrt. 59 Prozent der Befragten kennen das und wenden es an, aber es gibt auch 14 Prozent, die es nicht kennen und vermutlich dafür lieber im Blauen Ozean herumtümpeln. Quotlibet!

Immerhin steht im Artikel, dass 16 Prozent der Österreicher und 22 Prozent der Deutschen „viele der Trends in der Führung für reine Worthülsen halten“. Das gibt noch Hoffnung und das aktuelle Marktpotential unserer Unternehmensberatung liegt demnach wohl bei immerhin 16 Prozent in Österreich und 22 Prozent in Deutschland. Das ist nicht so wenig! Klarerweise gibt es einen Konsens darüber, „dass sich die Anforderungen und Ansprüche in der Führungsarbeit verändert“ haben.

Interessant ist für mich, dass ältere Führungskräfte die Veränderungen klarer sehen. Immerhin 80 Prozent der erfahrenen Führungskräfte sehen diese Veränderungen ganz klar. Das gibt wiederum Hoffnung!

Innovatives Führen

Wie stellen sich die Führungskräfte innovatives Führen vor? Angeblich waren die Antworten sehr vielfältig. Die Leiterin der Hernstein-Instituts, Eva-Maria Ayberk erklärt: „Sie lassen sich um Grunde in fünf Gruppen zusammenfassen, unter den Schlagworten Coaching, Diversity, Unternehmensgeist, Einbeziehung und Gesundheit.“ Die Erklärungen dazu müssen nicht kommentiert werden, weil hier wieder einmal alter Wein in neuen Schläuchen verkauft wird. Das ist schade, weil es definitiv spannendere und treffendere Erklärungsmöglichkeiten gibt.

Im letzten Absatz wird partizipative Führung als wichtiger Motivationsfaktor genannt und es sollen die „Betroffenen zu Beteiligten“ gemacht werden. Den Mitarbeitern soll im Idealfall „echter Handlungsspielraum samt dazugehöriger Verantwortung“ gegeben werden. Das finde ich sehr gut, aber das ist nicht neu. Im letzten Satz wird noch das Thema Gesundheit angesprochen, was ich sofort unterschreibe, weil ich der Meinung bin, dass die meisten Organisationen heute definitiv krank machen. Aber auch manche Antworten auf die Probleme unserer Zeit können einen „krank machen“

Das Gute ist nicht neu und das Neue nicht gut

Das Gute daran ist nicht neu und das Neue daran ist nicht gut, so lassen sich manche Trends schon seit Jahren beschreiben. Manche Ansätze sind aber mit Sicherheit verfolgenswert, das steht außer Zweifel. Nur darf man nicht alte Theorien als neu verkaufen, auch nicht alten Wein in neuen Schläuchen und manche „Trends“ sollte man nicht einmal ansprechen oder andenken, weil sie mit Sicherheit keine Probleme lösen, sondern nur weiter neue Probleme schaffen, die wir ohne sie gar nicht hätten!

Richtige und effektive Führung

Vielmehr macht es Sinn, auf wirklich bewährten Erkenntnissen der Führung und des Managements zu setzen, diese konsequent anzuwenden und zu verfolgen. Denker und Praktiker wie Peter Drucker, Henry Mintzberg, Jim Collins oder Fredmund Malik haben uns dafür so viel gegeben, das wir im Grund nur aufnehmen und annehmen müssen. Das alles finden meine Leser im Blog von Christian Pirker immer wieder und bezogen auf unterschiedliche Anwendungsfälle.

Wobei es stimmt, dass sich die Welt in den letzten Jahren verändert hat, aber dafür müssen wir nicht alles anders und vor allem nicht alles schlechter und dümmer machen. Vielmehr geht es darum zu schauen, was ist wirklich anders, was sind wirklich die neuen Probleme und wie sollen wir damit umgehen?

Unsere Unternehmensberatung versucht in der Beratung, aber auch in unseren Managementseminaren und im eLearning, gemeinsam mit unseren Kunden und Teilnehmer/-innen, im Sinne eines Erfahrungsorientierten Lernens (EOL), die richtigen Antworten auf die richtigen Fragen unserer Zeit zu finden. Dafür brauchen wir bewährtes Wissen in Sachen Führung, ein offenes Ohr für unsere Kunden, klares Denken und die Fähigkeit, das alles in sehr gute Konzepte zu bringen und diese dann gemeinsam mit unseren Kunden wirkungsvoll umzusetzen!

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