Tüchtigkeit Erziehungsziel: Ich habe mich sehr gefreut, dass ich von der Österreichischen Gesellschaft für Historische Pädagogik und Schulgeschichte (ÖGHPS) eingeladen wurde, einen Vortrag auf der Tagung „Pädagogisch-Bildungsgeschichtliche Statements“ (5. September 2013) zu halten.
Tüchtigkeit Erziehungsziel
Als Thema habe ich letztlich „Ist Tüchtigkeit ein zeitgemäßes Erziehungsziel?“ gewählt. Ich dachte das Thema ist ein wenig verstaubt, aber umso wichtiger erscheint mir der Begriff bzw. das was dahinter steht. Ich habe mich dabei auf ein Buch von Wolfgang Brezinka bezogen, das den Titel „Tüchtigkeit“ hat. Brezinka hat 1987 ein sehr interessantes und lesenswertes Buch verfasst. Im Rahmen meiner Vorbereitungen für den Vortrag habe ich Herrn Professor Brezinka persönlich kontaktiert, ihm Fragen gestellt und letztlich wollte ich wissen, ob ich ihn richtig verstanden habe.
Er hat mir bestätigt, dass aus seiner Sicht das Thema Tüchtigkeit „wichtiger als je zuvor“ sei. Dem stimme ich gerne zu, insbesondere nachdem ich sein Buch ein zweites Mal durchgearbeitet habe. Wir waren uns auch bei der Unterscheidung nach Graden der Tüchtigkeit einig. Er mag zwar den Begriff „competence“ nicht, weil er mehrdeutig ist, aber die beiden Grade „competence“ und „excellence“ im Sinne von „tauglich sein“ und „hervorragend tauglich sein“, machen den Unterschied aus.
In meinem Vortrag habe ich u.a. auch darauf verwiesen und war überrascht, dass im österreichischen Schulalltag „Tüchtigkeit“ keine Rolle mehr spielt. Der Ausdruck werde angeblich sogar abgelehnt, weil er „faschistoid“ sei. Ich habe dem entgegnet, dass für Unternehmen, die im internationalen und globalen Wettbewerb stehen, für Führungskräfte und generell im Management, Tüchtigkeit sehr wichtig sei und hier niemand auf die Idee kommt, so einen Unsinn zu denken und zu sagen. Zudem hat es sich in meinen Managementseminaren bewährt, zwischen „competence“ und „excellence“ zu unterscheiden.
In alten Schulgesetzen finden sich immer wieder Hinweise auf Tüchtigkeit. So etwa im österreichischen Reichsvolksschulgesetz vom 14. Mai 1869. Da steht im §1: „Die Volksschule hat zur Aufgabe, […] die Grundlage für Heranbildung tüchtiger Menschen und Mitglieder des Gemeinwesens zu schaffen.“
Ich höre oft von Politikern und Beamten, was die Wirtschaft angeblich braucht. Da kommen so Schnapsideen wie der „Bachelor“ und ähnliches. Ich denke und habe es auch vor dem Fachpublikum so gesagt, dass wir tüchtige junge Menschen brauchen, die ihre Aufgabe in Familie, Beruf und Gesellschaft erfüllen.
Das schafft das österreichische Schulsystem derzeit nur ungenügend, aber wenn es nicht einmal angestrebt wird, ist das auch kein Wunder. In meinem Vortrag konnte ich noch aufzeigen, dass dafür die Pfadfinder als Erziehungseinrichtung die Kinder und Jugendlichen zu bewussten Staatsbürgern und eigenverantwortlichen Persönlichkeiten erziehen wollen und es wirklich tun. Das gelingt immer wieder unterschiedlich gut, aber wir haben etwa in unserer Pfadfindergruppe Klagenfurt 6 bewusst das Thema Tüchtigkeit diskutiert und reflektiert. Wir versuchen alle Kinder und Jugendlichen unserer Gruppe auf das Niveau der „competence“ zu bringen und freuen uns, wenn es „excellence“ wird. Zumindest bei den Pfadfindern und speziell in unserer Pfadfindergruppe ist Tüchtigkeit noch ein zeitgemäßes Erziehungsziel!
Mein Vortrag und die anschließende Diskussion haben gezeigt, dass es im österreichischen Schulsystem an einfachen und klaren Zielen fehlt sowie an Tugenden und Werten. Es ist höchste Zeit, dass in der Bildungspolitik Vernunft einkehrt und der Wahnsinn ein Ende hat.
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Tüchtigkeit kommt in den Lehrplänen und Gesetzen, mit Ausnahme jenem der Sonderschule, nicht mehr vor. Ein Erklärungsversuch wäre, dass der Begriff ein veralteter ist und durch neuere oder modernere, wie beispielsweise Kompetenz, abgelöst wurde.
Ich finde das besonders interessant, dass Tüchtigkeit nur mehr im Lehrplan der Sonderschule vorkommt.
Ich stimme zu, dass Kompetenz der neuere und modernere Begriff ist!
Tüchtigkeit setzt ein gutes Arbeitsklima und gute Vorbereitung voraus. Wenn den jungen Menschen Werte vorgelebt werden sollen, die ihnen privat und beruflich Helfen können, sollen dies ALLE Erwachsenen (nicht NUR Politiker, Eltern, Lehrer etc.) vorleben.
Oberstes Ziel MUSS eine gut ausgebildete Jugend sein. D.h. hier muss investiert werden. Es darf nicht gespart werden. Wenn wir bei der Bildung (Stichwort Lehrerdienstrecht) sparen, sparen wir bei der Chance Jugendlicher einen Job zu finden. Und wer soll dann die künftigen Pensionen zahlen? (auch die der Politiker, die bald in Pension gehen und jetzt die unproduktiven Gesetze entwerfen).
Im neuen Lehrerdienstrecht (das komischerweise erst 2019/2020 in Kraft tritt, wenn wahrscheinlich eine neue Regierung am Ruder ist „hinter mir die Sinntflut) sollen LehrerInnen alle Fächer unterrichten können, auch wenn sie dafür keine Ausbildung haben. Außerdem sollen mehr Stunden für weniger Lohn unterrichtet werden …. es gibt jetzt schon Abmeldungen bei den Lehramtsstudenten aus diesem Grund).
Tüchtig ist, wer Ziele hat und motiviert ist. Dazu braucht es motivierte Erwachsene, die sie vorleben.
Wie man sieht, ist Tüchtigkeit auch auf die moderne pädagogische Praxis in der Schule beziehbar.