Tüchtigkeit Wolfgang Brezinka

Ich habe vor Jahren das Buch „Tüchtigkeit“ von Wolfgang Brezinka (1987) gelesen. Ich fand es sehr interessant, aber war mir nicht sicher wie relevant das Thema im 21. Jahrhundert ist.

Tüchtigkeit, Christian Pirker und Pfadfinder

Einige Zeit ist das Buch in meiner Bibliothek vor sich „hingestaubt“. Dann wurde ich von einem ehemaligen Lehrer und späteren Kollegen an der Universität Klagenfurt, Elmar Lechner (Präsident der ÖGHPS), eingeladen, einen kleinen Vortrag im Rahmen einer Veranstaltung der Österreichischen Gesellschaft für Historische Pädagogik und Schulgeschichte (ÖGHPS) zu halten.

Wir haben uns dann zu einem Vorgespräch getroffen und da habe ich ihm grundsätzlich zwei Themen vorgeschlagen. Erstens könnte ich was über eLearning sagen oder eben über die „praktische Pädagogik in meiner Pfadfindergruppe und den Bezug zur Tüchtigkeit“. Beide Themen wurden für interessant, relevant und sehr gut befunden.

Ich denke, ich werde das mit den „Pfadfindern und der Tüchtigkeit“ machen, weil es für unsere Gesellschaft wohl noch wichtiger ist, als das Thema eLearning. Manchmal habe ich den Eindruck, dass wir die letzte Organisation in der Jugenderziehung sind, die sich noch ernsthaft und zielstrebig mit dem Thema „Tüchtigkeit“ beschäftigen.

In der Verbandsordnung der Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs (PPÖ) steht:

„Wir sind eine demokratische Organisation, die der Jugenderziehung dient.“ (1.1 Wesen) und „Wir wollen helfen, junge Menschen zu bewussten Staatsbürgern und eigenverantwortlichen Persönlichkeiten zu erziehen, die aus dem Glauben ihre Aufgabe in Familie, Beruf und Gesellschaft erfüllen.“  (1.2 Ziel)

Brezinka arbeitet in seinem Buch alle möglichen Aspekte zum Thema „Tüchtigkeit“ in gewohnter Gründlichkeit heraus. Dabei geht er auf historische Begriffe wie „Areté“ (stammt von „áristos“, der Beste oder „Bestheit“)  im antiken Griechenland und „Virtus“ („vir“ = Mann) im antiken Rom zurück. Weiter bezieht er sich auf Thomas von Aquin, der „virtus“ definiert als „habitus operativus bonus“ („dauerhafte Bereitschaft zum sittlich guten Handeln“).

Tüchtigkeit hat zwei Grade

Wie Brezinka richtig beschreibt gibt es zwei Grade von „Tüchtigkeit“. Der Erste im Sinne von „tauglich sein“ und der Zweite im Sinne von „hervorragend tauglich sein“. Grundsätzlich ist jede Tauglichkeit bis zur Vollkommenheit steigerbar.

Im Englischen gibt es im Gegensatz zum Deutschen für diese beiden Begriffe auch verschiedene Namen: „competent“ und „excellent“. Bezogen auf das Erziehungsziel der PPÖ kann man sagen, dass jedenfalls „Tüchtigkeit“ im Sinne von „tauglich sein“ bzw. „competence“ angestrebt wird. In Bezug auf meine Pfadfindergruppe Klagenfurt 6 kann ich ergänzen, dass wir uns zum Ziel setzen, alle Kinder und Jugendlichen zur „Tüchtigkeit“ im Sinne von „competence“ zu führen, allerdings freuen wir uns, wenn es Pfadfinder gibt, die „Tüchtigkeit“ im Sinne von „hervorragend tauglich sein“ also „excellence“ erreichen.

Somit kann ich zumindest durch die Leistung der Pfadfinder sagen, dass „Tüchtigkeit“ noch ein zeitgemäßes Erziehungsziel ist. Das machen wir in der Pfadfindergruppe Klagenfurt 6 mit einer guten Mischung aus Learning by doing und Erfahrungsorientierten Lernen (EOL).

Literatur

Wolfgang Brezinka: Tüchtigkeit. Analyse und Bewertung eines Erziehungsziels, 1987.

Verbandsordnung der Pfadfinder und Pfadfinderinnen Österreichs (PPÖ) als .pdf-Datei

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