Gastbeitrag von Dr. Gerhard Breitkreuz

Die Investitionen in die Duale Ausbildung sind hoch

Ich bin mir sicher, dass sich in Deutschland der Trend zu investitionsorientierter Ausbildung weiter verstärken wird. Nach einer aktuellen Studie des Bundesinstituts für Berufsbildung (Bibb 1 / 2015) sind die aufgewendeten Kosten für eine duale Ausbildung größer als die realisierten Erträge. Das Bundesinstitut geht von durchschnittlichen Bruttokosten von 12.973 Euro und einem Ertrag von 12.585 Euro aus (ebenda, S.3). Die Differenz: 5.398 Euro Investitionen in die Zukunft der Fachkraft, des Unternehmens und des Standortes.

Aber, was macht es mich sicher, dass dieser Trend anhalten wird ? Ein differenzierter Blick auf Einzelergebnisse zeigt, dass die Streuung bei den Unternehmen noch gewaltig ist. „Für knapp 30 % der Auszubildenden fallen keine Nettokosten, sondern Nettoerträge an“ (ebenda, S.5).

Um es schon vorweg zu nehmen, nehme ich an, dass bei härter werdendem Wettbewerb um die Auszubildenden – aufgrund des demografischen Wandels und des Trends zur Akademisierung – nur diejenigen Betriebe langfristig eine Chance auf einen Auszubildenden und damit auch langfristig Beschäftigten haben werden, die zunehmend in die Qualität der dualen Ausbildung investieren! Mit anderen Worten: es würde mich überraschen, wenn sich nicht die durchschnittlichen Netto-Ausbildungskosten erhöhen würden.

Studienabbrecher sind die personelle Reserve

Studienabbrecher werden zur personellen Reserve von Handwerks- Gesundheits- und Pflegeberufen. Der Anteil der Studienabbrecher in Deutschland ist nicht gering, er umfasst mehr als 28 % .

Davon sind nicht nur die traditionell mit 50 % betroffenen Studiengänge in Mathematik oder Ingenieurwissenschaften tangiert, sondern auch eine Vielzahl von anderen Fächern. Während bundesweit ungefähr 28% ein Studium abbrechen, sind es in den norddeutschen Bundesländern über 35%.

Deshalb habe ich in einem anderen Blogbeitrag bei Christian Pirker eine Initiative beschrieben, wie nicht nur die Anzahl der Studienabbrecher reduziert werden soll, sondern auch mit Hilfe einer guten externen und internen Beratung an den Hochschulen und den Bundesagenturen für Arbeit der Studienabbruch verhindert werden soll.

Das Handwerk bietet auch über die Möglichkeiten von Teilqualifikationen und ergänzende Abschlüsse das System der beruflichen Bildung attraktiver zu machen. Das wird auch nicht zu Kostenreduktionen führen, wenn betriebliche Bachelorabschlüsse oder Meisterqualifikationen im Anschluss an eine gewerblich – technische Ausbildung angeboten werden. Schon jetzt erwerben in Deutschland über diese beruflichen Meister- und Fachschulqualifikationen eine Vielzahl von Absolventen die Fachhochschulreife oder die allgemeine Hochschulreife.

Es wird zu einer Verzahnung von Dualen und Hochschulabschlüssen kommen

Der Anteil der Zugangsberechtigten mit Hochschulreife hat mittlerweile die Grenze von 50% eines Jahrgangs überschritten. Das fordert die beruflichen Systeme heraus. Die duale Ausbildung, Weiterbildung und Hochschulbildung müssen sich näher kommen – ohne dass jedoch der praktische Bedarf an Fachkräften mit dualem Abschluss unterschätzt werden sollte. Die Mehrzahl der Tätigkeiten in Deutschland wird in absehbarer Zeit keine hohe akademische Ausbildung verlangen. Das berufliche System muss so flexibel und kulturell offen sein, dass einfachere Tätigkeiten mit Ausbildungsabschluss durch personenbezogene Qualifizierungsmaßnahmen für Migranten – aber auch für Asylbewerber – ermöglicht werden. Nur so sind partielle Lücken in der Facharbeiterschaft zu schließen.

Über den Autor:

Dr. Gerhard Breitkreuz begleitet Projekte aus dem Gesundheits- und Personalmanagement.

Profil Gerhard Breitkreuz

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