Gastbeitrag von Michaela Mikl

Ich besuche die Schule, schließe mit der Matura ab und, wenn ich besonders brav bin, schließe ich auch noch mein Studium in kurzer Zeit ab. Mit diesen Voraussetzungen müsste es theoretisch keine Probleme geben, den erwünschten Arbeitsplatz zu finden und auch zu bekommen.

Doch die Realität sieht leider ganz anders aus. Studenten mit Studienabschlüssen, die jahrelang auf der Suche nach einem Job sind, sind heutzutage keine Seltenheit mehr. War in den 50er oder 60er Jahren der Besuch einer sekundären oder gar tertiären Bildungseinrichtung noch eine Ausnahme, ist es heute allgegenwärtig, dass immer mehr Menschen höhere Bildungsabschlüsse erzielen. Generell hat sich die gesamte Ausbildungszeit verlängert, was zu einem viel späteren Berufseinstieg führt. Doch nicht nur die Bildungsexpansion ist Grund für den verspäteten Einstieg ins Berufsleben, sondern auch die Krise am Arbeitsmarkt und den damit verbundenen Mangel an Arbeitsplätzen. Es ist zwar schön, wenn immer mehr Menschen hohe Bildungsabschlüsse erzielen, dennoch werden sie vom Arbeitsmarkt ferngehalten, da dieser nicht mehr die Kapazität besitzt, alle Menschen mit einem Job zu versorgen.

Weiters steigen die Anforderungen am Arbeitsmarkt. Immerhin können es sich die Firmen nun, da es so viele gut ausgebildete Leute gibt, leisten, ihre Anforderungen in Inseraten zu erhöhen. Dann wird bei der Ausschreibung eben rasch die erwünschte Berufserfahrung von mindestens drei auf mindestens fünf Jahre erhöht. Die Frage stellt sich nun, aus welchem Hut man sich die geforderte Berufserfahrung ziehen soll, wenn sich die Möglichkeit dazu schlichtweg nicht ergibt? Dieses Dilemma, dass immer höhere Abschlüsse erzielt werden und die Anforderungen bei Inseraten beinahe ins Unmögliche steigen, führt zu einer generellen Entwertung von Bildungsabschlüssen. Dies bedeutet, dass man sich, trotz guter Qualifikation, mit einem minder bezahlten Job zufrieden geben muss. Der sorgfältig verfasste Lebenslauf eines motivierten Absolventen ist zwar prall gefüllt in der Rubrik „Ausbildung“, hingegen herrscht gähnende Leere im Bereich „Arbeitserfahrung“. Bei einem Bewerbungsgespräch erkennt man am Blick des Chefs, dass ihm die umgekehrte Version wesentlich besser gefallen würde. Zahlt es sich deshalb überhaupt aus zu studieren und jahrelang auf Universitäten oder Fachhochschulen zu verweilen, wenn im Berufsleben sowieso nur die erleisteten Erwerbsjahre zählen?

„Da steh ich nun, ich armer Tor, und bin so klug, als wie zuvor“ würde Dr. Heinrich Faust vermutlich auch zur heutigen Situation am Arbeitsmarkt sagen, wenn er auf die zwanzigste Bewerbung, trotz erforderlicher Qualifikationen, eine Absage erhalten würde.

 

Über die Autorin

Michaela Mikl B.A., studiert „Erwachsenen- und Berufsbildung“ im Masterstudium an der Alpen-Adria Universität Klagenfurt. Im Rahmen ihres Praktikums bei Christian Pirker bearbeitete sie das Thema Entwicklung und Konzeption von Seminaren.